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Nachhaltig ausstellen: Wie Museen Upcycling neu denken

Aktualisiert: vor 49 Minuten

Ausstellungen kommen und gehen – doch was passiert mit ihren Materialien, wenn sie abgebaut werden? Im Museum Luzern wurde eine Ausstellung nicht einfach entsorgt, sondern kreativ umgestaltet und wiederverwendet. Tanja Warring, Direktorin des Museums, und Muriel Utinger, Leiterin Betrieb, erzählen im Gespräch mit Happy Museums, wie sie aus bestehenden Elementen eine neue Ausstellung schufen, welche Herausforderungen sie dabei meistern mussten und warum nachhaltige Museumstechnik weit mehr bedeutet als Recycling.

Interview mit Tanja Warring und Muriel Utinger, Museum Luzern 


Direktorin des Museum Luzern Tanja Warring (rechts) und eine Besucherin in der Upcycling-Ausstellung "Was wiegt Demokratie - Die Rechte von Natur und Mensch".
Direktorin des Museum Luzern Tanja Warring (rechts) und Besucherin in der Upcycling-Ausstellung "Was wiegt Demokratie - Die Rechte von Natur und Mensch". Bild: ©Margherita Delussu Fotografie

 

Was ist für euch eine nachhaltige Ausstellung? 

 

Tanja Warring, Direktorin Museum Luzern: Eine nachhaltige Ausstellung hinterlässt bei den Besucher:innen einen bleibenden Eindruck. Mit „Was wiegt Demokratie?“ haben wir eine Ausstellung geschaffen, die in die Dauerausstellung integriert ist und über längere Zeit präsentiert wird. Auch das Konstruktionssystem ist nachhaltig – es lässt sich gut lagern und wiederverwenden. 

 

Muriel Utinger, Leiterin Betrieb: In der Museumstechnik wird oft mit günstigen MDF-Platten gearbeitet. Ich würde lieber Vollholz nutzen, aber das ist eine Kostenfrage. Die Umgestaltung der Ausstellung „Global Happiness“ war herausfordernd, da sie nicht für Wiederverwendung konzipiert war. Tausende Schrauben, Stecker und Kabel mussten entfernt und Teile neu zusammengesetzt werden. Nachhaltigkeit bedeutet für mich auch, Holz aus der Region zu nutzen – z. B. von einer über 100 Jahre alten Sägerei, wo Füchse und andere Tiere leben. 

 

Warum eine Ausstellung mit wiederverwendeten Materialien? 

 

Tanja Warring: Ich kam erst dazu, als der Entscheid bereits gefallen war. Anfangs hatte ich gezögert, aber es war spannend zu sehen, wie wir die Ausstellung umwandeln können. Es war ambitioniert, aber die Idee, ein flexibles, wiederverwendbares System zu schaffen, hat uns motiviert. 

 

Was motiviert dich, Muriel Utinger?

 

Muriel Utinger: Ehrlich gesagt, dachte ich anfangs, dieses Projekt würde sich von selbst auflösen. Doch dann entwickelte sich eine kreative Dynamik: Wir haben Ideen ausgetauscht, skizziert und gemeinsam Lösungen gefunden. Das hat richtig Spass gemacht! Nachhaltigkeit war für mich eine zentrale Motivation. In der Museumstechnik wird viel Material verschwendet. Ich habe oft wertvolle Materialien entsorgen müssen, weil es keinen Lagerplatz gab. Dabei wäre es sinnvoll, Ressourcen zu teilen, etwa durch gemeinsame Lagerräume für Ausstellungsmaterialien. Ich persönlich habe vieles mitgenommen – mein ganzer Tierstall ist aus Museumsmaterial gebaut! Es schmerzt mich, Dinge wegzuwerfen, die noch nutzbar sind.

 

Ihr hattet also viel kreativen Spielraum?

 

Muriel Utinger: Ja, wir mussten offen an die Sache herangehen. Es ging nicht darum, sofort ein fertiges Konzept umzusetzen, sondern gemeinsam eine praktikable, nachhaltige Lösung zu finden. Und das hat wirklich Freude gemacht!

 

Gab es externe Partner:innen, die wichtig waren?

 

Muriel Utinger: Ja, viele – vom Team bis zu externen Schreinereien. So ein Projekt braucht Unterstützung auf allen Ebenen.

 

Und innerhalb des Teams?

 

Tanja Warring: Die Chemie muss stimmen. Wir konnten nicht einfach ein Konzept schreiben und dann umsetzen, sondern mussten es parallel entwickeln. Zum Glück hat unser Grafikbüro flexibel mitgespielt. Wir geben dem Team Freiraum, was sie motiviert.

 

Wie beeinflusst die Ästhetik des Wiederverwendens den Inhalt der Ausstellung?

 

Tanja Warring: Es ist weniger die Ästhetik als die Herangehensweise. Ich wusste lange nicht genau, wie die Ausstellung aussehen wird – das hat meinen kuratorischen Ansatz verändert. Ich arbeite jetzt offener und lasse mich mehr überraschen.

 



Umgestaltung der ehemaligen Ausstellung „Global Happiness” zu neuen Ausstellungselementen für das Museum Luzern.
Umgestaltung der ehemaligen Ausstellung „Global Happiness” zu neuen Ausstellungselementen für das Museum Luzern. Bilder: Happy Museums / Museum Luzern

Wie sieht es mit der technischen Umsetzung aus?

 

Muriel Utinger: Wenn etwas handwerklich umgesetzt wird, muss es sauber sein. Anfangs hatte ich Bedenken, dass der Berufsstolz ignoriert wird. Wir wollten kein "Hauptsache nachhaltig" ohne ästhetischen Anspruch.

 

Wie kommuniziert ihr den Upcycling-Gedanken?

 

Tanja Warring: Mit Texten und Beispielen, etwa Blumensamen aus einer alten Ausstellung, die Besucher:innen mitnehmen können. Wir erklären, dass sie abgelaufen, aber noch brauchbar sind – ein Sinnbild für unser Konzept.

 

Was passiert nach der Ausstellung?

 

Tanja Warring: Sie bleibt drei bis vier Jahre bestehen. Danach werden die Elemente möglichst eingelagert. Ich selbst würde gerne wieder etwas für Kinder oder Jugendliche eine neue Ausstellung konzipieren.

 

Und was passiert mit dem übrigen Material?

 

Muriel Utinger: Meistens sind es keine stabilen Konstruktionen wie im Hausbau, sondern kleinere Elemente, die für weitere Zwecke eingesetzt werden können. Manchmal lassen sich einige auch in einer zukünftigen Ausstellung wieder nutzen.

 

Gibt es etwas, das ihr nicht mehr so machen würdet?

 

Muriel Utinger: Es ist sicher schwer eine stark szenografierte Ausstellung zu übernehmen. Das Auseinandernehmen und Wiederverwenden der einzelnen Elemente erweist sich als ressourcenintensiver. Künftig würde ich Material gezielter auswählen und nicht mehr ganze Ausstellungskonzepte übernehmen.

 

Wie könnte eine nachhaltige Materialnutzung besser funktionieren?

 

Tanja Warring: Ein gemeinsames Lager für Museen wäre ideal, in dem Ausstellungsmaterial geteilt werden kann. Einzelne Museen haben oft zu wenig Platz, um alles zu behalten. Es brächte eine zentrale Verwaltung, damit Materialien effizient genutzt werden können.

 

 

Herzlichen Dank an Euch für die besonderen Einblicke in das Upcycling einer Ausstellung!



Dieses Interview entstand im Rahmen des von der Stiftung Mercator geförderten Projekts «Upcycling Global Happiness»

 
 
 

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